Über rund einhundert Jahre spannt sich der erzählerische Bogen des großartigen Romans: „Spreemann & Co.“ von Alice Berend.

Klaus Spreemann muss früh seinem Vater beim Broterwerb helfen. Dieser zieht über Land und verkauft gebrauchte Textilien. Später steckt er den Sohn in die Lehre und hinterlässt ihm einen ordentlichen Batzen Geld. …“Klaus Spreemann hatte von früh an gelernt, dass man Geld nicht seine Herkunft ansieht“. Klaus Spreemann eröffnet ein Textilwarengeschäft am Dönhoffplatz im alten Berlin. Er heiratet seine Wirtschafterin Lieschen, sie bekommt Zwillinge: Hans und Christian. Er sieht sich „als Mann, der es zusammen mit seiner Zeit zu etwas gebracht hatte“.

Die Söhne werden groß, selbstverständlich arbeiten sie im väterlichen Geschäft. Christian muss in den Krieg gegen Frankreich ziehen und wird nahezu unversehrt zurückkehren. Sein Bruder „studierte“ die Textilbranche in London. Als sie Hans vom Bahnhof abholen, kommt der sparsamen Hausfrau das Problem in den Kopf: „Und noch weniger begriff sie, warum dies sonderbare Vergnügen in der ersten Klasse dreimal so viel kostete als in der vierten, wenn man doch nicht früher ankam als die weniger Zahlenden.“ Aber die Bahn war damals noch pünktlich: „Man war pünktlich in Preußen. Gewiss. Aber nicht voreilig“.

Beide Söhne heiraten, es stellen sich Enkelkinder ein und die Söhne werden, gegen den anfänglichen Widerstand des Vaters, das Geschäft deutlich vergrößern. Lieschen und Klaus müssen aus der alten Wohnung ausziehen, die sich über dem Geschäft befand, weil das gesamte Haus zum Einkaufsparadies umgebaut wird. Und Lieschen macht die Erfahrung: „Niemand weiß, wie viel er besitzt, ehe er es nicht einpacken muss.“

Lieschen genießt sogar das kulturelle Leben der Stadt. Sie beobachtet still Menschen im Theater, deren Leben sie ein wenig weiterspinnt und hat daran große Freude: „So naschte man kleine Freudenrosinen aus dem Brotteig des Alltags.“

In einem Roman, der ein Jahrhundert abdeckt, wird gezeugt, geboren, gelebt und auch gestorben. Ich verrate hier keine Einzelheiten, denn diesen Roman muss man selbst lesen!

Die letzten Sätze allerdings will ich hier zitieren: „Zu irgendeiner Stunde müssen wir fort und alles zurücklassen. Unsere Träume, wie das Erworbene, nimmt eine neue Zeit als Erbe. Doch gerade daher kommt’s, dass niemand umsonst lebt.“

Alice Berend ist eine große deutsche Schriftstellerin, deren Werke es (wieder) zu entdecken gilt.

Die Lektüre des Romans ist mit dem schon zitierten Naschen vergleichbar: „So naschte man kleine Freudenrosinen aus dem Brotteig des Alltags.“

Einfach lesen und sich vergnügen!

Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich Ihnen empfehle.

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