Was habe ich bisher über die Kriminalromane des Briten Philip Kerr geschrieben? Ich habe sie gelobt und werde das nun, nach der Lektüre von „Metropolis“ wieder tun. Der Roman ist 2019 posthum erschienen und spielt im Jahre 1928. Ein, nein bald zwei Serienmorde erschüttern die Metropole der Weimarer Republik. Zunächst werden Frauen, die durch Gelegenheitsprostitution ein wenig Geld zum Lebensunterhalt zuverdienen wollten, brutal ermordet. Kurze Zeit später werden Versehrte des ersten Weltkrieges, die sich mit Bettelei am Leben erhalten müssen, aus nächster Nähe erschossen.

Da die Polizei um ihren Vizepräsidenten Weiß und den Leiter der Mordinspektion Gennat im Dunkeln tappen, wächst vor allem von der Seite der Nationalisten die Kritik an der Polizei: „Wir waren natürlich ein leichtes Ziel, nicht zuletzt weil Berlin mittlerweile so gut wie nichts mit dem Rest des Landes gemein hatte. Die Hauptstadt war mehr und mehr wie ein großes Schiff, das sich von seinem Ankerplatz losgerissen hatte und unaufhaltsam von der Küste Deutschlands wegtrieb.“

Der Erzähler ist der den Lesenden bereits gut bekannte Bernie Gunther, den man von der „Sitte“ zur Mordinspektion versetzt hat.

Die bekannte Stärke des Autors, Bilder in einer kurzen Metapher zu verdeutlichen, tritt wieder zu Tage: „Menschenskind, Sie sind so eiskalt, dass man auf Ihnen Schlittschuh laufen könnte, wissen Sie das?“

„Beckmanns Leiche enthielt mehr Blei als die Berliner Wasserleitungen.“

Der Roman ist mit „Größen“ aus der Kulturszene gefüllt und nicht alle kommen bei Kerr gut weg. Gründgens, beispielsweise, wird das arrogante Verhalten damit „bestraft“, indem er mit Emil Jannings absichtlich verwechselt wird. George Grosz hingegen darf sich rechtfertigen für seine von den Kriegserlebnissen und den Nachkriegsjahren geprägte Malerei. „…Aber nur sehr wenige Menschen sind in der Lage, Malerei als optische Erfahrung zu erleben, Farben und Formen als lebendige Wirklichkeit zu sehen.“

Die Lesenden werden mit einer kleinen Kulturgeschichte des Pfeifens belohnt. Und sehr ernüchternd, weil es heute noch genauso zutrifft wie für den Zeitraum in dem der Roman angesiedelt ist, klingen die folgenden Sätze: „Die Leute mögen keine neuen Ideen. Besonders in Deutschland. Die Deutschen mögen die alten Ideen. Noch lieber die alten Lügen.“ Und schon etwas früher im Text gibt er eine Antwort, warum dies so ist: „…,weil der Mensch abgeschnitten ist von allen Gewissheiten, die ihm einmal Halt gegeben haben …Gelächter, hinter dem sich eine existentielle Krise verbirgt.“

Die Morde werden alle aufgeklärt, aber wie im Einzelnen, das dürfen die Lesenden sich selbst erschließen!

Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich Ihnen empfehle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert