In einem Werbeauftritt im Internetz für eine psychologische Praxis finde ich die folgenden Zeilen: „Systemische Aufstellungen: Das «Aufstellen» eignet sich, um berufliche und private Situationen und Beziehungen zu klären, eigene Ressourcen zu mobilisieren oder zu stärken, ein bestimmtes Ziel zu erreichen und erste Schritte in die richtige Richtung zu tun“.

Gerade habe ich die Lektüre des Buches „Kochen im falschen Jahrhundert“ von Teresa Präauer beendet. In dem Buch, die Autorin nennt es einen Roman, imaginiert eine Frau, sie wird im Text durchweg die Gastgeberin genannt, einen Abend mit Freunden in ihrer neuen Wohnung. Sie wird kochen. Vorneweg einen leichten „Sommersalat“ zubereiten, gefolgt von einer Quiche Lorraine und zum Abschluss etwas Süßes, das sie nicht selbst zubereiten will. Die Gäste werden ein Ehepaar, die Frau hat gerade abgestillt, ein Schweizer, der wohl als Hochschullehrer arbeitet und der Partner der Gastgeberin sein. „Seit ein paar Jahren war die Gastgeberin mit ihrem Partner zusammen, der wiederum mit seinem Smartphone zusammen war.“

Zwischendrin erinnert sie sich an früher, an ihre ersten Erfahrungen mit dem Kochen und dem Essen. Diese Kapitel fasse ich unter dem Aspekt: „Gerade gestern“ zusammen. Als es beispielsweise noch kein „foodporn“ gab. Als es beispielsweise noch nicht die zu Kunstwerken stilisierten Kochbücher eines Yotam Ottolenghi gab. Rechtfertigt das den Titel des Buches?

Sie denkt an die Zeiten zurück, in denen die Großeltern noch Schnaps brannten. „Du hast nichts davon beigebracht bekommen, du hast nichts weitergeführt, nichts erhalten, praktizierst nichts davon. Dieses vergangene Leben gibt es nur mehr in Form von Erinnerung, in Gedanken und Sprache. Einer Sprache, die deinen Großeltern, die vor hundert Jahren geboren worden sind, fremd gewesen ist. So wie dir ihre Sprache fremd gewesen ist und es immer schwieriger wird, sich an das alles zu erinnern.“

Wieso musste ich bei der Lektüre an Aufstellungen denken? Die Autorin unternimmt mehrere Anläufe, ihre Geschichte zu erzählen. Immer ist sie etwas anders dargestellt. Sie ist keine zuverlässige Erzählerin, wäre die eine mögliche Erklärung.

Die andere Erklärung: Die Autorin berichtet, dass die Gastgeberin gar nicht gerade in die Wohnung eingezogen sei, sondern schon zwei Jahre dort leben würde. Anfänglich hat sie mit viel Schwung die Wohnung eingerichtet, doch dann wurde keine Garderobe an die Wand geschraubt, wurden keine Kisten (Bananenkartons) mehr ausgeräumt. Es stapelt sich noch so, als wäre sie erst vor wenigen Tagen in die offenbar sehr schöne Wohnung eingezogen.

Und dann lese ich, dass der Gastgeberin der Atem ausging. „Sie verlor die Lust, hatte anderes zu tun. Die äußeren Umstände erschwerten ihr das Weitermachen zusätzlich. Und dann wurde aus der Pause, dem Aufschieben, ein Stillstand. Aus dem Stillstand wurde ein Zustand, und aus dem Zustand ein psychologisches Problem. Oder sollte man sagen, ein psychisches Problem, das psychologisch zu behandeln war? Die Gastgeberin begann, dasselbe regelmäßig mit einer Therapeutin zu besprechen.“ Und jetzt bin ich bei meiner Vermutung der Aufstellung. Und nun finde ich dieses Buch, ja meinetwegen diesen Roman, sehr lesenswert. Während der Lektüre höre ich, nicht aus dem Netz, aber von meinen CDs „Jazz for Dinner“ und viel fehlte nicht, mir ein Gläschen Crémant zu gönnen.

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