Irland in der Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Ein Mädchen wird von ihrem Vater zu entfernten Verwandten gebracht, um den Sommer bei denen zu verleben. Ihr Vater spielt zu viel, trinkt zu viel und macht seiner Frau zu viele Kinder. Ein Kind wird bald geboren und die Familie weiter vergrößert. Bei den Pflegeeltern (die Erzählung heißt im Original „Foster“) ist sie das einzige Kind, hat Angst etwas falsch zu machen, nässt sich nachts ein und erfährt von der Pflegemutter pure Zuneigung, die ihr nämlich erzählt, dass die Matratze nächtens geweint haben muss. Das Kind verlebt sorgenfreie Wochen, wird aus einem Brunnen köstliches Wasser schöpfen, mit dem Pflegevater nachts am Strand entlang spazieren und dabei darauf hingewiesen: „Sieh mal, wo vorher nur zwei Lichter waren, sind jetzt drei.“ Sie lernt lesen: „Es war wie Rad fahren lernen; ich spürte, wie mir Flügel wuchsen, die Freiheit, an Orte zu gelangen, wo ich zuvor nicht hinkonnte, und es war leicht.“
Die Zeit vergeht und die Pflegeeltern bringen sie zurück. Das Mädchen hatte sich erkältet, warum verrate ich nicht, muss nun aber nach Hause. Es kommt zu einem Höhepunkt dieser Erzählung, der auch nicht verraten werden soll. Und wer genau gelesen hat, wird wissen, um wen es geht, wenn von „Daddy“ die Rede ist.
Eine schmale doch so wundervolle Erzählung, wie ich noch keine zuvor gelesen habe.
Die Autorin ist Claire Keegan und in der Übersetzung von Hans-Christian Oeser lautet die Erzählung „Das dritte Licht“.
Ich legte das Büchlein mit feuchten Augen zur Seite.
Lesen, bitte einfach lesen!