Ich möchte mehr über einen Maler erfahren, dessen Gemälde mich seit geraumer Zeit faszinieren. Ein außergewöhnlicher Maler, von dem nur rund drei duzend Gemälde erhalten sind und von dem es keinerlei Skizzen und Entwürfe gibt: Jan Vermeer van Delft.

Es gibt für Amateure, wie mich, keine bessere Quelle zum Einstieg als zu einem Band der C. H. Beck Reihe Wissen zu greifen. Nils Büttner nimmt die Lesenden auf die Reise durch das  Leben und Werk des Malers mit. Er wählt einen für Lesende und Freunde des Proust Werkes „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ sehr schönen Einstieg.

Die Gestalt des berühmten Schriftstellers Bergotte besucht eine Ausstellung holländischer Bilder, die in Paris präsentiert werden, nachdem er in der Zeitung von einer kleinen gelben Mauerecke auf einem Gemälde Vermeers las, an die er sich nicht erinnern konnte. „Aufgrund der Beschreibung des Kritikers entdeckt Bergotte in Vermeers Bild (Ansicht von Delft) – „das er strahlender in Erinnerung hatte“ – Details, die ihm zuvor entgangen waren, etwa „kleine blaugekleidete Figürchen“, „und endlich auch die kostbare Materie des ganz kleinen gelben Mauerstücks“. So hätte ich schreiben sollen, sagt er sich, und setzt „in einer himmlischen Waage“ sein ganzes Leben gegen „die kleine so trefflich gemalte Mauerecke“. Kurz darauf erliegt Bergotte einem Schlaganfall.“ (Quelle „Busche Kunst Blog“)

Nils Büttner schreibt: „Viele sind nach der Lektüre von Bergottes Todesszene nach Den Haag gepilgert, um mit Proust etwas in Vermeers Bild zu entdecken, was es gar nicht gibt.“ Und er folgert: „Was blieb, war die kollektive Erkenntnis, dass Vermeers Bilder zum Sterben schön seien.“

Wohlgemerkt ist dies nur die Einleitung in das kleine Wunderwerk an Information. Dieser schmale Band ist eine weitere Schule des Sehens.

Die Lesenden lernen, dass Vermeer zeigte, was er wirklich sah und „nicht zu malen, was er wusste, etwa dass Augen Lider, Wimpern und Brauen haben.“ Diese Art der Malerei haben zwei Jahrhunderte später die Impressionisten zu ihrem Programm erhoben! Vermeer, ein Präimpressionist? Vielleicht.

Büttner bringt den Lesenden die Gemälde auch dadurch näher, dass er auf die vielen Symbole hinweist. Auf die Bilder in den Bildern, auf immer wiederkehrende Requisiten und auf das Spiel mit dem Licht durch Einsatz bestimmter Farbpigmente hinweist. Wir werden auf Kleinigkeiten aufmerksam gemacht, etwa wie ein Bogen und ein Streichinstrument abgestellt werden

Die Lektüre dieses Buches wird zu einem noch größeren Vergnügen, wenn man den Ausstellungskatalog der Vermeer Ausstellung im Rijks Museum heranziehen kann (belser, 2023). Hier werden häufig die Details vergrößert dargestellt, die  den Betrachtenden selbst vor dem Bild stehend nicht auffallen. Viele der Gemälde sind in einem eher kleinen Format gehalten. So entdeckt man in dem Gemälde des Milchmädchens das Stövchen, das in der kalten Jahreszeit, unter den Rock geschoben, wärmt, ebenso wie die über der Fußleiste erscheinenden Kacheln mit erotischen Motiven. Für alle, die mehr über diesen großen Künstler.

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