Ich bin ein großer Verehrer des Schriftstellers Joseph Roth. Seine Romane „Hotel Savoy“, „Hiob“ und „Radetzkymarsch“ gehören für mich zu den besten der deutschen Sprache.

Neulich nun bekam ich einen Hinweis auf seinen frühen Roman „Das Spinnennetz“, den ich jetzt gelesen habe.

Es ist ein Frühwerk. Ein Mann, Theodor Lohse, will nach oben. Der erste Weltkrieg ist vorbei und nichts ist mehr so, wie es früher einmal war. Leutnant Lohse ist auf der Suche nach einer Beschäftigung, nach einem neuen Leben, nach einem Sinn. Er findet sich in dubiosen Zirkeln wieder. Er erhält Geld, muss Befehle ausführen, kennt nur seinen unmittelbaren Ansprechpartner. Es ist ein „völkischer“ Kreis, in den er geraten ist. Es wird gemordet. Unruhe gestiftet und das demokratische System unterwandert.

Es ist ein expressionistischer Roman, ein kurzer obendrein. Und doch schimmert der Autor späterer großer Werke bereits durch!

„Theodor öffnete das Fenster und fühlte die schnelle, schießende kalte Märzluft mit der Wollust eines innerlich Durchwärmten.“

„Sah Frauen mit spärlichem, straffgekämmtem wasserblondem Haar, die Armseligkeit der Trägerin, ihren gedörrten Hals, sah durchsichtige, dünne gelbliche Haut, in schlaffen Fetzen hängende.“

„In den Parlamenten redeten oberflächliche Menschen. Minister gaben sich ihren Beamten preis und waren ihre Gefangene.“

Das Spinnennetz sind die Zirkel der rechtsradikalen Demokratieverächter. Es geht ihnen um Zerstörung, um Unruhe und Umsturz.

Und dieser Schoß ist noch immer fruchtbar.

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