Jetzt liegt das Buch wieder geschlossen vor mir mit seinem Umschlagsbild eines Entwurfs von Kandinsky (Orient II). Der Aufkleber zeigt an, dass dieses Buch schon lange in meinem Regal auf Lektüre wartete (12 DM!). Von Lion Feuchtwanger habe ich im Laufe der Zeit viele seiner Werke gelesen und immer gerne, „Die Jüdin von Toledo“ blieb, warum auch immer bis jetzt zurück.
Der Roman spielt in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als noch größere Teile Spaniens in „muslimischer Hand“ waren. Der Autor erzählt die Geschichte einer großen tiefen Liebe zwischen dem König Alfonso VIII. von Kastilien und der schönen im islamischen Sevilla aufgewachsenen Jüdin Raquel, die den Beinamen „La Fermosa“ bei der Bevölkerung erhält. Sie ist mit ihrem Vater Ibrahim, der dem König Ratgeber und Freundfeind ist, nach Toledo gefolgt.
Die beiden Liebenden erfahren ein „…ein uferloses Glück“. Alfonsos Gattin Eleonor hatte ihm mehrere Töchter geboren, der dann ersehnte Sohn wird früh sterben und die Geliebte wird ihm einen Sohn schenken. Das Glück dieser beiden Liebenden schildert Feuchtwanger in so wundervollen Sätzen wie: „Sie war geborgen in der Ruhe ihres Glücks.“ Oder „Er kehrte zurück in die Trägheit seines Glücks.“
Weil aber die „Liebe eine Angelegenheit der Sinne, nicht des Geistes ist.“ Wird die Opposition gegen diese Liaison sehr deutlich und als Alfonso in einer Schlacht unterliegt, ist die Schuldfrage geklärt. Raquel und ihr Vater müssen sterben. Es folgt dann ein Satz im Roman, der als Anfang eines jeden Kriminalromans die Lesenden sofort fesseln würde: „Sie hatten noch drei Tage zu leben, aber das wussten sie nicht.“
Der Roman ist grandios, die Figuren, der Ratgeber des Königs ebenso wie der muslemische Freund Ibrahims – Musa – sind grandiose Charaktere, keinesfalls Nebenrollen. „‘Ich bin ein Gläubiger der drei Religionen,‘ antwortete Musa. ‚Eine jede hat ihr Gutes, und eine jede lehrt Dinge, welche zu glauben die Vernunft sich sträubt.‘“ Oder: „Ich glaube nun einmal, dass es besser um die Welt stünde, wenn sie von Weisen geführt würde statt von Kriegern.“
Die von mir gewählte Überschrift war Inschrift in der Burg, die dem Liebespaar Zufluchts- und Sehnsuchtsort war.
Ach, diesen Roman zu lesen, gerade in diesen Zeiten, ist ein großes Glück.
