Im September des kommenden Jahres wird der 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich gefeiert. Schon in diesem Jahre finden die Lesenden neue Biographien über den Maler der deutschen Romantik auf dem Büchermarkt.
Ich griff zu dem schmalen Band aus der mir sehr ans Herz gewachsenen C. H. Beck Reihe Wissen. Werner Busch hat 2021 das Leben und Werk des Malers prägnant und gut lesbar zusammengefasst.
Wie es sich für einen Professor für Kunstgeschichte gehört, spannt er einen Bogen über das Gesamtwerk, kann sich aber bei nur etwas mehr als hundert Seiten auf nur einige Werke beschränken.
Nachdem er den Lesenden Friedrichs Lebensstationen nähergebracht hat, wandert er mit uns durch das Werk. Auch er stellt fest, dass Friedrich kein überzeugender Figurenzeichner gewesen war.
Ausführlich befasst sich der Autor mit Friedrichs „Grundstrukturelementen“. Insbesondere dem Goldenen Schnitt. „Ist es zu viel vermutet, wenn man die Schere auf den Goldenen Schnitt, den Schlüssel, auch im übertragenen Sinn, auf das Aufschließen, die Verbindung von Innen und Außen, von künstlerischer Fassung der Wirklichkeit und eben dieser Wirklichkeit selbst bezieht und damit als Aufschluss dieses Verhältnisses begreift? Es sei dahingestellt. Dass aber der Goldene Schnitt so etwas wie Friedrichs Rechtfertigung all seiner Kunst darstellt, die sich nicht in Wirklichkeitswiedergabe erschöpft, aber auch nicht in definitiven Bedeutungssetzungen, so viel wird man sagen können.“
Dass das Buch uns Lesende auch noch in die „romantische Mathematik“ einführt „und in Sonderheit mit der Rolle der Hyperbel vertraut“ macht, will ich hier nur anfügen.
Auch wird bei der Lektüre klar: „Das Kreuz ist Friedrichs Bekenntniszeichen, der Grundpfeiler seines um den Tod kreisenden Glaubens.“ Denn: „Dies kann auch verständlich machen, warum Friedrich die Produktion von Kunst als Gottesdienst begreift.“ Schließlich: „Kunst ermöglicht ein Begreifen oder besser ein Erahnen des höheren Sinns der Wirklichkeit der Natur.“
Die Lesenden erhalten eine Anleitung zur „Lektüre von Bildern“, eine sehr gelungene Beschreibung von dem Ziel der Schule des Sehens.
So ganz nebenbei erfahren wir Lesenden auch, dass Friedrich „Goethes Ansinnen, für ihn Wolkenbilder auf der Basis von Luke Howards Wolkenterminologie zu malen“ ablehnte. Die Lesenden erfahren noch viel mehr, erhalten Interpretationsangebote einiger Hauptwerke Friedrichs und werden auf „Pendants“ im Schaffen des Meisters aufmerksam gemacht. Und den allgemein gültigen Schluss, wie wir uns mit Kunst generell beschäftigen sollten, will ich hier gern zitieren: „Mit dem bloß Wahrgenommenen sollen wir uns nicht zufrieden geben, vielmehr sollen wir das gegenständlich Gezeigte durchdringen auf womöglich Dahinterliegendes. Das mag als Antwort sehr allgemein klingen, doch ist es das, wozu die Kunst in der Moderne uns anregen kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“