Andreas Maier ist fünfzehn Jahre jünger als ich und doch erscheinen mir seine Nachrichten aus dem Wetteraukreis umso vieles älter. Kann es daran liegen, dass Maier in seinem Roman „Die Straße“ von dem Mief einer deutschen Provinz erzählt? Ich bin in West-Berlin aufgewachsen und meine, dass dieser Mief bereits verzogen war.
Dennoch lese ich die Geschichte gern weiter, die sich um die Entdeckung des eigenen Körpers und diejenige der anderen dreht; um die verdruckste Atmosphäre im Elternhaus, in den Elternhäusern der anderen und im Ort allgemein. Der Umgang mit den amerikanischen Soldaten, die in Friedberg stationiert waren, die man von den Töchtern fernhalten muss. So wie es die Eltern des Erzählers in Bezug auf dessen Schwester zu unternehmen versuchen.
Großartig, wie der Autor den „normalen“ Verlauf des Lebens schildert, zumindest, wie man den sich in einem Provinznest vorstellte. Man lernt jemanden kennen, „am besten gleich mit dem ersten, mit dem man dann immer zusammenbleibt, am besten gleich mit Ralf Kling, dem Nachbarssohn, und den soll man dann heiraten, und am Ende hat man dann in seinem ganzen Leben einen einzigen deutschen Jungen bzw. Mann gehabt, und mit dem ist man dann immer zusammengeblieben und hat nie einen anderen kennengelernt, und das soll dann das Leben gewesen sein. Dafür haben uns die Amerikaner aber nicht befreit.“
Man muss sich auf den Stil Maiers einlassen, auf dessen Weitschweifigkeit. Tut man das, genießt man diese langsam sich ausdehnende Ortserkundung.
