„Die Popularität, die Caravaggio in den letzten zwei, drei Jahrzehnten erlangt hat, beruht im Wesentlichen auf zwei Klischees. Das eine betrifft seinen Charakter und seine Biographie und geht von einem nicht nur anti-intellektuellen, sondern auch ungehobelten Choleriker aus, dessen kriminelle Karriere mit einem Totschlag endete, der zumeist auch noch als Mord bezeichnet wird. Das andere betrifft den emotionalen Bann, den seine Gemälde noch auf heutige Betrachter ausüben, und der auch gar nicht zu bestreiten ist.“
Mit dieser Vorbemerkung nimmt uns Sybille Ebert-Schifferer in ihrem großartigen Buch, das in der C. H. Beck Reihe Wissen vorliegt, mit auf eine Tour durch Leben und Werk des Michelangelo Merisi da Caravaggio. Obwohl schmal im Umfang, enthält es nicht nur die wichtigsten Werke, sondern es gibt sogar Raum für die eine oder andere Anekdote. So wird die Geschichte rund um das Bild ‚Marientod‘, das heutzutage im Louvre zu bewundern ist, ausgebreitet und die Lesenden erfahren, dass Rubens dem Herzog von Mantua den Erwerb des Gemäldes empfohlen habe.
Das Buch zeichnet auch ein anderes Bild von dem Maler als das weit verbreitete Vorurteil, der Mann sei ein ungebildeter, aber talentierter Schläger gewesen. „Hohe Prälaten und Adel, die fromme Bruderschaft und ihre Mitglieder, die päpstliche Hochfinanz und die führenden Literaten Roms bilden die vielfach miteinander verflochtenen Pole, zwischen denen sich Caravaggios fulminante Karriere abspielte. Manche von ihnen schätzen ihn als Freund, was voraussetzt, dass er sich als Gesprächspartner und im Benehmen zu bewähren wusste.“
Darüber hinaus enthält dieser schmale Band einige fulminante Bildbeschreibungen, die als Schule des Sehens exemplarischen Charakter besitzen. Beispielsweise das ‚Emmausmahl‘, wo die Betrachtenden auf die Wiedergabe der Webstruktur des Tischtuchs ebenso hingewiesen werden, wie auf den Früchtekorb, der sich im nächsten Augenblick „in den Raum des Betrachters kippen“ wird.
Die Lektüre dieses Buches war ein großes Vergnügen!