„Fest steht: Es gibt Teleportation auf atomarer Ebene, und in ein paar Jahrzehnten wird es uns womöglich gelingen, komplexe und sogar organische Moleküle zu teleportieren. Doch die Teleportation eines makroskopischen Objekts wird wohl noch ein paar Jahrzehnte länger auf sich warten lassen. Vielleicht wird sie auch niemals zustande kommen. Deshalb erfüllt die Teleportation komplexer Moleküle, vielleicht sogar eines Virus oder einer lebenden Zelle, die Voraussetzungen für eine Unmöglichkeit ersten Grades, die noch in diesem Jahrhundert Wirklichkeit werden sollte. Aber der Durchbruch zur Teleportation eines Menschen wird, obwohl kein Naturgesetz dagegen spricht, noch viele Jahrhunderte in Anspruch nehmen – sofern sie überhaupt jemals möglich sein wird. Deshalb würde ich diese Art der Teleportation als Unmöglichkeit zweiten Grades einstufen.“ Das schrieb der Physiker Michio Kaku 2008 in dem 2010 ins Deutsche übersetzte Sachbuch „Die Physik des Unmöglichen“.

Nun erschien ein Roman, der die Teleportation zum Thema hat, in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Der Apparat“, Autor ist der Schotte J. O. Morgan. Gibt man ihn in eine Suchmaschine ein, kommt als Ergebnis „Meinten Sie J. P. Morgan?“ Mit anderen Worten, dieser Autor ist noch erfreulich unbekannt.

Der Roman ist eine Sammlung von elf Kurzgeschichten, der als durchgehende Erzählfigur nur das Gerät zur Teleportation besitzt. Geschickt schreiten die Erzählungen auf einem Zeitstrahl voran. Am Anfang wird in einem klobigen Gerät ein Löffel „versandt“. Aber schnell geht es weiter. Denn der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Und schließlich kurbelt eine neue Technik auch die Wirtschaft an. „Da gibt’s jede Menge neue Jobs. Systemüberwachung, Kabel verlegen. So was alles. Eine Tür schließt sich, eine andere geht auf. So läuft das eben. Das ist Fortschritt.“

Bald schon kann man Umzüge mit den Geräten bewerkstelligen. Da werden ganze Möbelstücke „transportiert“, bei den Büchern könnte es Probleme geben, wenn die Wörter sich vermischten. Philosophische Dimensionen nimmt die Frage ein, ob ein teleportiertes Gemälde eine Fälschung, eine Kopie, eine Nachahmung wäre oder das echte „Ding. Bloß eben…transportiert.“

Natürlich macht die Technik nicht vor dem Menschen halt. Man „transportiert“ auch Menschen, anfangs versuchsweise, doch bald schon ersetzt diese Technik aufwändige Transporte. Natürlich gab es auch Probleme. Man denke an den „Goldfisch, der in seinem Glas ertrunken ist. Oder an den armen Gecko, der sich nicht mehr festklammern konnte.“

Menschen machen sich Gedanken, was da eigentlich transportiert wird. Und es gibt die Meinung: „In Wahrheit, heißt es, wird rein gar nichts transportiert. Der eine Apparat vernichtet Sie komplett, und der andere setzt Sie nicht etwa wieder zusammen, sondern konstruiert Sie komplett neu, eine brandneue, identische Version von dem, was kurz davor zu existieren aufgehört hat. …Der Körper tauscht ja auch so im Lauf der Jahre seine Zellen aus, seine Atome. …Der Mensch, der wir heute sind, besteht nicht mehr exakt aus demselben Material wie der von gestern.“

Die Geschichte einer neuen Technik geht weiter. Diese Apparate kann man auch weglassen, man kann sich auch über Funkmaste teleportieren. Man benötigt spezielle Kleidung und auch die Einrichtungen im Hause verändern sich ein wenig. Für alles muss man zahlen, es gibt natürlich viele verschiedene Tarife. Und ja, es geht auch mal etwas verloren, ein Mädchen auf der „Rückreise“ von einer Klassenfahrt kommt nicht zu Hause an. Die Mutter, die anfangs mit einem Plakat vor dem Parlament protestiert und dabei an die einsame Greta Thunberg erinnert, wird von der Teleportationsgesellschaft schließlich ruhig gestellt. Im Fernsehen wird diskutiert, aber davon kommt die Tochter auch nicht zurück.

Schließlich bricht die Menschheit zu neuen Ufern aus, nun gibt es eine kostengünstige Möglichkeit, Rohstoffe auf dem Mond auszubeuten und zur Erde zu schicken.

Dieser Roman ist kein Roman über Teleportation, vielmehr zeigt er dem Lesenden, wie sich durch Technik diese Welt verändert. Vor einem viertel Jahrhundert hat auch noch kein Mensch daran gedacht, mit einem kleinen Gerät durch die Gegend zu laufen und immer und überall erreichbar zu sein, Zahlungen tätigen zu können, mit allen verbunden zu sein und zu sehen und gesehen zu werden.

Sollte Teleportation in dem oben von Kaku beschriebenen Umfang eines Tages Realität werden, kann man den dann lebenden Menschen auch nur dringend die Lektüre dieses Romans empfehlen.

Ein grandioser Roman ist diesem Autor gelungen, ein großer Wurf. Ich wünsche dem Roman ganz viele Lesende!

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